Revitalisierung von Pflegeheimen. In die Jahre gekommen.
Ein nicht unerheblicher Teil der Pflegeeinrichtungen der stationären Dauerpflege ist technisch sowie baulich überholt und entspricht teilweise nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. Darunter leidet auch die Wirtschaftlichkeit. Nicht jeder Betreiber kann den nötigen Umbau selber stemmen. Professionelle Beratung tut not, wenn ein Heimsterben vermieden werden soll.
Deutschlandweit gibt es aktuell etwa 8.000 Heime mit knapp 600.000 Plätzen, die vor 2000 gebaut wurden und damit heute fast 20 Jahre alt und älter sind. Davon zeichnen sich rund ein Drittel dieser Häuser mit ca. 200.000 Plätzen durch einen hohen Sanierungsrückstau und Umstrukturierungsbedarf aus (siehe Grafik unten). Gleichzeitig ist durch die demografische Entwicklung und fortschreitende Alterung der deutschen Bevölkerung allein bis 2030 laut der Beratungsagentur Wüst & Partner mit einem zusätzlichen Bedarf von 230.000 bis 300.000 stationären Pflegeheimplätzen zu rechnen. „Ohne einen Modernisierungsschub kann der prognostizierte Bedarf kaum gedeckt werden. Aufgrund des Immobilienbooms wird der Grundstücksmarkt immer enger und geeignete Flächen für dringend benötigte Neubauten sind insbesondere in Ballungsräumen nur noch schwer zu finden“, meint Toni Trautwein, der sich als Geschäftsführer der zu Beginn dieses Jahres neugegründeten Healthcare Real Estate (HCRE) um die Entwicklungssparte kümmert. Darum müsse sich zukünftig der Fokus verstärkt auf die Modernisierung und Erweiterung bestehender Heime richten. „Denn volkswirtschaftlich sollten wir auf kein Haus verzichten“, ist sich Trautwein sicher.
Einrichtungen werden immer kleiner
Pflegeheime in Deutschland werden aber nicht nur mmer älter und damit sanierungsbedürftiger, sondern auch immer kleiner. Die Anzahl der verfügbaren Pflegeplätze in Deutschland wird laut Trautwein in den nächsten Jahren deutlich sinken. „Heute sind ein Drittel, also knapp 300.000 Plätze, in Form von Zweibettzimmern vorhanden und damit nicht mehr zeitgemäß.“ Treibende Kraft für den verschärften Abbau von Pflegekapazitäten sind vor allem neue gesetzlich verankerte Raumanforderungen für bestehende Heime. So sind etwa in Baden-Württemberg ab 2019 Zweibettzimmer verboten; in Nordrhein-Westfalen ist deren Anteil ab 2018 pro Einrichtung auf 20 Prozent begrenzt. Trautwein: „Dies zwingt viele Betreiber dazu, Betten abzubauen – mit gravierenden Auswirkungen auf ihre Wirtschaftlichkeit und Qualität.“ Besonders betroffen seien vor allem kleine Häuser mit weniger als 40 Plätzen. Davon gibt es in Deutschland immerhin etwa 2.200 Einrichtungen. Trautwein: „Wir glauben an die Chancen, die sich in diesem Segment ergeben. Es ist möglich, die Heime wirtschaftlich auszurichten, ohne dass die Pflege leidet.“ Die Refinanzierbarkeit der Ausrichtung muss jedoch im Einzelfall immer genau geprüft werden.
OP am offenen Herzen
Pflegeheime sind hochkomplexe Spezialimmobilien und die Modernisierung bestehender Einrichtungen sind innerhalb der Branche ein eher ungeliebtes Kind. Die Sanierung, die zumeist während des laufenden Betriebes stattfinden muss, birgt viele Herausforderungen, ist zeitaufwändig und sehr kostenintensiv. „Nur wenige Player im Markt haben das Know-How, solche Projekte zu stemmen“, sagt Trautwein selbstbewusst. „Es ist wichtig, bereits am Anfang des Entwicklungsprozesses den nachhaltigen Betrieb der jeweiligen Einrichtung im Auge zu behalten und die Immobilie während ihres kompletten Lebenszyklus ganzheitlich zu betreuen. Durch unsere Kompetenzen auf den Feldern Entwicklung, Verkauf, Realisierung, Betrieb und Beratung können wir unseren Kunden alles aus einer Hand anbieten.“ Das ist auch notwendig, denn die Sanierung im Bestand gleicht einer Operation am offenen Herzen und um das Haus nachhaltig auf Vordermann zu bringen, kommt es auf das richtige Konzept an. Je nach Objekt und Baujahr sind mehr oder weniger komplexe Eingriffe in Bezug auf die Statik und das Gebäudekonzept notwendig.
„Markt wird sich differenzieren.“
Welche Herausforderungen das Wohnen im Alter mit sich bringt und wie man am besten mit Bestandsimmobilien umgeht, erläutert Jonas Rabe, geschäftsführender Gesellschafter der HCRE GmbH, im Gespräch mit der CARE Invest Redaktion.
Herr Rabe, die alternde Bevölkerung ist ein globaler Megatrend. Bereits 2040 werden in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt rund 23 Millionen Menschen älter als 64 Jahre sein. Ein starkes Argument für Sozialimmobilien?
Auf jeden Fall! Der Markt hat noch so einiges zu bieten, bringt aber auch große Herausforderungen mit sich. Die Versorgung unserer Senioren ist in jedem Fall eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Dabei sollten wir immer im Blick behalten, wie wir im Alter würdig leben wollen.
Was sind also aus ihrer Sicht die dringendsten Herausforderungen in den nächsten zehn Jahren?
Der Markt wird sich weiter ausdifferenzieren zwischen stationären und ambulanten Angeboten. Ich bin mir sicher, dass sich neben den professionalisierten Pflegeheimen noch mehr alternative ambulante Wohn- und Betreuungsformen herausbilden werden. Ältere und vor allem kleinere Pflegeheime geraten immer mehr unter Kostendruck. Gerade um diese Häuser müssen wir uns dringend kümmern.
Wie würden Sie grundsätzlich den Zustand deutscher Pflegeheime beurteilen?
Zum Teil besorgniserregend! Bei Einrichtungen, die noch vor der Jahrtausendwende gebaut wurden, ist der Instandhaltungsrückstand eine echte volkswirtschaftliche Größe. Viele Pflegeheime sind nicht zukunftsfähig. Vorsichtige Schätzungen gehen aktuell von mindestens fünf Milliarden Euro aus, die hier investiert werden müssen.
Eine enorme Summe: Was gehört denn dazu, um Bestandsimmobilien weiterzuentwickeln und auch langfristig erfolgreich betreiben zu können?
Um den jeweiligen Standort zu optimieren, prüfen wir bei jedem Objekt ganz individuell, in welche Richtung wir gehen wollen, damit wir für den Investor, den Betreiber, aber letztlich auch für die Bewohner die beste Lösung finden. Das geht von einer solitären Modernisierung des bestehenden Gebäudes über eine Erweiterung und Nachverdichtung bis hin zu einer Umnutzung zum Betreuten Wohnen oder einer Ambulantisierung.
Wer muss dafür ins Boot geholt werden?
Die Aufgabe ist nur zu schaffen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Dazu gehören der Gesetzgeber, die Trägerkassen, Betreiber und Investoren. Ohne diese breite Herangehensweise ist die zukünftige Versorgung von unseren Senioren nur schwer möglich und bezahlbar.
Wo wird der unternehmerische Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit liegen?
Unser Anspruch lautet ‚Immobilien ganz denken’. Das ist nicht nur ein wohlklingender Claim, sondern das leben wir tagtäglich und daran wollen wir uns auch messen lassen. Organisiert ist die HCRE über eine Management-Holding mit fünf Servicegesellschaften für die Themen Development, Sales, Operations, Advisory und Construction. Mit dieser Struktur können wir die gesamte Wertschöpfungskette anbieten – vom Grundstückserwerb über die Schaffung von Baurecht, die konzeptionelle Planung, Finanzierung, Vermarktung und Vermietung bis hin zur nachhaltigen Unterstützung des Managements einer Bestandsimmobilie. Damit sind wir in allen Fragen rund um die Sozialimmobilie der richtige Partner, um unsere Kunden bei all ihren Herausforderungen zu unterstützen.
Quelle: CAR€ Invest 13.19